Netz des Verrats

Netz des Verrats

von: Rachel Dylan

Francke-Buch, 2022

ISBN: 9783963628399

Sprache: Deutsch

304 Seiten, Download: 783 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Netz des Verrats



Kapitel 1

Das unaufhörliche Klopfen an der Tür ihrer Wohnung entlockte Layla Karam ein Stöhnen, während sie die Bettdecke zurückschlug. Sie hatte keine Ahnung, wer da so hartnäckig sein könnte – vor allem um zwei Uhr morgens. Fünf Jahre im Dienst der CIA hatten sie gelehrt, vorsichtig zu sein, deshalb nahm sie ihre Pistole vom Nachttisch, bevor sie zur Tür ging, und bereitete sich auf alles vor.

Sie spähte durch den Spion in der Wohnungstür und stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Dann schaltete sie die Alarmanlage aus, um Cassandra Ruiz hereinzulassen.

»Was ist denn los, Cass?«

Die dunkelbraunen Augen der DEA-Agentin waren gerötet und sie zitterte. »Ich hätte ihn erschießen sollen.«

»Wen hättest du erschießen sollen?« Die Angst, die Layla verspürt hatte, als Cass an ihre Tür gehämmert hatte, kehrte zurück.

»Ein Mann war in meinem Haus. Ich habe gezögert, anstatt abzudrücken, und er konnte fliehen.«

»Hast du die Polizei gerufen?«

Cass schüttelte den Kopf. »Nein, weil ich glaube, dass er etwas mit unserem aktuellen Einsatz zu tun hat.«

Wie konnte das sein? »Komm und setz dich, dann reden wir darüber.«

Layla zog Cass ins Wohnzimmer und drückte sie aufs Sofa. Sie hatte noch nie erlebt, dass ihre Kollegin die Nerven verlor, aber jetzt war die Agentin fix und fertig.

»Und jetzt erzähl mal von vorne«, sagte Layla ruhig, aber bestimmt. »Die ganze Geschichte. Lass dir Zeit.«

Cass holte tief Luft. »Ich habe lange gearbeitet. Als ich nach Hause kam, habe ich sofort bemerkt, dass jemand mein Haus durchwühlt hatte. Und als ich mir einen Eindruck davon verschaffen wollte, was der Eindringling angerichtet hatte, hat ein Mann mich von hinten angegriffen. Ich konnte ihn abwehren und habe einen Warnschuss abgegeben, da ist er weggelaufen. Ich hätte ihn umlegen sollen, aber das habe ich nicht getan.«

»Hast du ihn erkannt?« Layla hatte ihre Schläfrigkeit inzwischen abgeschüttelt und war jetzt hellwach.

»Nein.« Cass’ Hände zitterten, als sie sie auf dem Schoß faltete. »Aber er hatte Mejía-Tattoos auf den Armen.«

Das Mejía-Kartell war das gefährlichste und brutalste Drogenkartell in Honduras. Die DEA – die Drogenvollzugsbehörde, für die Cass arbeitete – war seit einiger Zeit in Honduras im Einsatz. Layla war in das Team geholt worden, um mehr Praxiserfahrung zu bekommen – etwas, was ihrem Arbeitgeber sehr wichtig war. »Das kann unmöglich ein Zufall sein.«

»Genau. Es tut mir leid, dass ich dich mitten in der Nacht überfalle, aber da du nur ein paar Minuten entfernt wohnst, dachte ich, ich sollte dich so schnell wie möglich warnen – nur für den Fall, dass der Typ beschließt, hier aufzutauchen.«

»Das hast du gut gemacht. Hast du schon früher irgendetwas bemerkt? Irgendwas Ungewöhnliches?« Layla hatte selbst etwas bemerkt, aber sie fand nicht, dass dies der geeignete Zeitpunkt war, um davon zu sprechen. Cass war nach den bedrohlichen Ereignissen dieser Nacht sowieso schon fix und fertig.

»Nein. Seit wir wieder im Land sind, geht alles seinen gewohnten Gang. Alle bei der DEA waren mit dem Ergebnis zufrieden, auch wenn wir nicht ganz bis zur Spitze des Kartells vordringen konnten.«

»Du nimmst wahrscheinlich keine dienstlichen Unterlagen mit nach Hause, oder?« Layla musste diese Frage stellen.

»Niemals, das weißt du doch. Es wäre gegen alle Sicherheitsvorschriften.«

»Ist es möglich, dass du dich irrst, was die Tätowierung betrifft? Könnte es einfach irgendein Dieb gewesen sein?«

»Nichts von meinem Schmuck fehlt.«

»Elektronische Geräte?«, fragte Layla.

»Er hat mein Tablet genommen, aber da ist nichts Dienstliches drauf. In Bezug auf das Tattoo bin ich ziemlich sicher.«

»Wir haben bei unserem Einsatz eine ganze Schiffsladung Geld konfisziert. Vielleicht dachte er, du hättest was davon.«

Cass stöhnte. »Wenn er nach dem Geld gesucht hat, muss er mich für eine korrupte Agentin halten.«

Layla hob die Hände. »Ich gehe nur die Möglichkeiten durch. Das sagt ja nichts über dich aus. Aber ich frage mich, ob das Kartell einen Grund haben könnte, so etwas zu glauben.«

»Tut mir leid, dass ich so empfindlich bin. Aber nein, ich halte mich an die Regeln.« Cass’ Stimme klang jetzt fester.

Layla kannte Cass nicht so gut, aber sie hatte keinen Grund anzunehmen, dass ihre Kollegin für beide Seiten spielte. Obwohl Layla Gerüchte gehört hatte, nach denen es auch bei der DEA korrupte Beamte gab. »Hast du deinem Boss Bescheid gesagt?«

»Noch nicht, aber das mache ich natürlich. Ich wollte mich nur zuerst davon überzeugen, dass du in Sicherheit bist. Zane und Diaz habe ich auch eine Nachricht geschickt, um sie zu warnen, nur für den Fall.«

Zane und Diaz waren die anderen beiden Mitglieder des Teams, dem Layla zugeteilt worden war. »Wenn ich irgendwas für dich tun kann, brauchst du es nur zu sagen.«

»Kann ich ein paar Stunden auf deiner Couch schlafen? Ich will lieber nicht im Dunkeln nach Hause.«

»Natürlich.«

»Danke.« Cass zögerte. »Irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir aus Honduras Ärger mitgebracht haben.«

* * *

Am nächsten Morgen war Layla früh aufgewacht und hatte eine Nachricht von Cass auf dem Tisch gefunden. Sie musste schon bei Tagesanbruch gegangen sein. Danach hatten sie ein paar Textnachrichten hin und her geschickt. Cass hatte beteuert, dass sie ihre Behörde anrufen würde, was Layla für richtig hielt.

Jetzt schob Layla sich durch die Menschenmenge, die sich an diesem Samstag zum herbstlichen Straßenfest in der Altstadt von Alexandria eingefunden hatte. Vielleicht war sie paranoid, aber sie wurde das Gefühl nicht los, dass jemand ihr folgte. Nicht zum ersten Mal.

Diese Tatsache hatte sie am Abend zuvor für sich behalten. Cass war zu erschüttert gewesen. Aber Layla fragte sich, ob die Ereignisse wirklich mit ihrem jüngsten Einsatz zu tun hatten. Konnte es tatsächlich sein, dass die Person, die ihr zu folgen schien, mit Cass’ Einbrecher von gestern in Zusammenhang stand?

Layla warf einen Blick über die Schulter nach hinten, sah aber niemanden. Trotzdem bewegte sie sich vorwärts, so schnell sie konnte, ohne zu rennen. Hatte ihre Arbeit für die CIA sie so schreckhaft gemacht?

Als sie schließlich das lächelnde Gesicht von Vivian Steele, einer ihrer besten Freundinnen, sah, seufzte sie erleichtert.

»Warum bist du so außer Atem?«, fragte Viv.

»Komm, wir gehen weiter.« Layla zog ihre Freundin am Arm.

»Was ist denn?«

»Ich habe das Gefühl, dass mir jemand folgt.«

Viv runzelte die Stirn. »Bist du gerade im Dienst?«

Layla schüttelte den Kopf. »Kann sein, dass ich grundlos nervös bin, aber alle meine Instinkte sagen mir etwas anderes.«

Viv war einer der wenigen Menschen, die wussten, dass Layla CIA-Agentin war. Für den Rest der Welt arbeitete Layla als Analystin im Außenministerium.

Viv legte eine Hand auf Laylas Schulter. »Ich vertraue völlig auf deinen Instinkt. Sollen wir gehen?«

Layla schüttelte wieder den Kopf. »Es gibt keinen Grund überzureagieren.«

»Glaubst du, dass jemand dich beobachtet?« Viv sah sie erschrocken an.

Layla war sich nicht sicher. »Kann sein.«

»Hast du denn schon mal so was bemerkt?«

Genau das war das Problem. Das hatte sie. »In letzter Zeit habe ich häufiger das Gefühl, dass ich beobachtet werde, aber ich kann nichts Konkretes sagen. Es ist wirklich nur so ein Gefühl. Und dann, als ich vorhin aus der U-Bahn gestiegen und hierhergelaufen bin, hatte ich den Eindruck, dass mir jemand folgt.«

Viv blieb stehen und ließ den Blick über ihre Umgebung schweifen. »Ich sehe nichts Ungewöhnliches, aber es ist heute ziemlich voll hier.«

Layla seufzte. »Tut mir leid. Vergiss einfach, was ich gesagt habe. Essen wir was. Izzy wollte auch noch zu uns stoßen, aber sie kommt etwas später. Sie hat gesagt, wir sollen schon mal für sie mitbestellen.« Wenn ihr Kalender es zuließ, trafen sie sich samstags zum Mittagessen in ihrem Lieblingsrestaurant, dem Old Town Grille – Layla, Vivian und die Dritte im Bunde, die FBI-Agentin Bailey Ryan. Vor einiger Zeit hatten die drei Freundinnen zudem noch Izzy Cole, eine Agentin beim NCIS, kennengelernt und sie gerne in ihre Runde aufgenommen.

»Du weißt doch, dass du dich bei mir nicht entschuldigen musst«, sagte Viv. »Wenn man bedenkt, wie du deinen Lebensunterhalt verdienst, hast du allen Grund, dir Sorgen zu machen. Hast du bei der Arbeit jemandem davon erzählt?«

»Nein.« Und das würde sie auch nicht. Sie wollte sich nicht in die Karten schauen lassen. Viv kannte einen Teil von Laylas Arbeit, weil sie gemeinsam in einer Taskforce gewesen waren, aber es gab vieles, von dem Viv keine Ahnung hatte.

Sie betraten das Lokal und winkten Ginny zu, der freundlichen Inhaberin des Restaurants, die sie jede Woche begrüßte. Die ältere, untersetzte Frau mit den braunen Haaren lächelte ihnen zu. »Tut mir leid, Mädels, ich weiß, dass ihr am liebsten ganz hinten am Fenster sitzt, aber eine Gruppe Touristen hat darauf bestanden, sich an den Tisch zu setzen. Aber ich habe einen schönen Tisch auf der anderen Seite für euch,...

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